A Fangirl Showing Photographs {Laubenhausmädchen verreist}

Jemand hier, der kein Beatles-Fan ist? – Also, dann werdet Ihr’s. Ihr müßt, denn ich nehme Euch jetzt mit auf eine kleine Tour. Eine Tour durch Liverpool, auf den Spuren der vier. Seid Ihr bereit? Dann geht’s gleich los!

There Are Places I’ll Remember (All My Life)*

Wir starten im Cavern Quarter, auf der Mathew Street. Die berühmteste Straße der Stadt? Vielleicht die zweitberühmteste, wenn Ihr mich fragt. Jedenfalls die, an der der Cavern Club liegt. Schon immer lag. Wir haben direkt um die Ecke auf der North John Street gewohnt, insofern kamen wir dort häufiger durch. Man muß ja auch bei Tag mal gucken, was da so los ist! (Viel. Viel ist da los. Immerfort Touristen und Fans und Betrunkene und ein Pub neben dem anderen.) Zu Fuß kommt man aus dieser Ecke innerhalb von zehn Minuten bequem ans Wasser, zum Fluß. An der City Hall vorbei, die Water Street herunter – rechter Hand das wirklich imposante Liver Building. Der Mersey grüßt an diesem sonnigen Tag schon von weitem mit dem Geruch von Meer, Wind und Salz … Wunderbar!

Good Day Sunshine

Am Pier Head gegenüber vom Fab Four Store gleich die zweite Station: die vier Jungs in Über-Lebensgröße. Nicht die erste Beatles-Skulptur in der Stadt (das ist wohl die über dem Eingang zum Souvenir-Shop auf der Mathew Street, die Fans finanziert haben – das Foto kennt Ihr schon, hier), aber sicherlich die prominenteste. Noch gar nicht so lange stehen sie da, seit 2015, in Bronze gegossen. 1,2 Tonnen! Und eine Spende vom Cavern Club, habe ich gelesen, anläßlich des 50. Jubiläums des letzten Konzerts der Band in Liverpool im Empire Theatre 1965.

Merk‘ ich gleich: Wir sind auch nicht die einzigen, die hier unbedingt Bilder machen wollen. Denn das muß ja sein! Aber ich kann warten. Und dann genauso den Betrieb aufhalten wie alle anderen, die da Spökes machen und glückselig grinsen. (Darf ich auch, is‘ schließlich mein Geburtstag. Das schenk‘ ich mir.)

Penny Lane Is in My Ears and in My Eyes

Beschwingt vom Fotospaß steigen wir jetzt in’n Bus. Ich fahre nur Doppeldecker, habe ich vorher gesagt, das ist wohl klar! Oben, erste Reihe, Panoramafenster. Wir wollen zur Penny Lane raus – die Straße gibt’s ja wirklich. Das Straßenschild soll so häufig abmontiert und gestohlen worden sein, daß die Stadt sich besondere Sicherungsmaßnahmen hat überlegen müssen … Verrückt, oder? Aber ich bin jetzt auch ein bißchen aufgeregt!

Kann man gleichzeitig aufgeregt und andächtig sein? Ich glaube ja. Mir ist so! Man muß dazu wissen, Busfahren in England bietet ja auch so manche Herausforderung. Die Fahrpläne sind kompliziert (ich steig‘ da fast nie durch!), und wenn man dann mal drin sitzt im Bus, werden die Haltestellen meistens gar nicht angesagt … Das war spannend! Wir sind jedenfalls gegenüber der Lime Street Station in die 86 gestiegen und fröhlich nach Woolton rausgeschaukelt … Die Zielhaltestelle heißt Allerton Road (Penny Lane). Das kann man gar nicht verpassen – Penny Lane steht einfach überall dran. Nicht schlecht, denn das macht es leicht, wenn man sich wie wir nicht wirklich auskennt.

Wir finden aber die richtige Straße (sogar der Frisör ist noch da) und landen als erstes – durch Zufall – in dem kleinen Geschäft des Penny Lane Development Trust, Hausnummer 70. Eine Nachbarschaftsinitiative, die hinter dem Haus einen kleinen Spielplatz mit Plastik-Unterseeboot und Oktopus-Garten eingerichtet hat … Das finde ich so süß, daß ich direkt ein Souvenir erstehen muß. Ich meine, das kann man doch nur unterstützen, oder? Die Leute sind auch so nett da! Schräg gegenüber ist der Fish-’n-Chip-Shop, den es vor 50 Jahren schon gab und der sogar in meinem kleinen Reiseführer erwähnt wird. Da wollen wir natürlich hin! Hat aber um 5 noch nicht geöffnet. Also ziehen wir weiter um die Häuser, am The Dovey vorbei, dem Pub in der Nachbarschaft, in dem die Quarrymen (John Lennons erste Band, schon mit Paul und später auch mit George) 1957 mal einen kleinen Auftritt hatten … Dann die Dovedale Road Primary School, die John und George besucht haben und die heute noch in Betrieb ist … Die Sonne scheint, in den Vorgärten der Vorstadthäuser blühen die Magnolien und die Azaleenbäumchen, und irgendwie weiß ich gar nicht recht, wie mir geschieht.

Da muß jetzt wirklich eine kleine Stärkung her! Also, einmal großzügig um den Block geschnürt, geguckt, ob keiner guckt – und wieder zurück in die Penny Lane, zur Fischbude. A four of fish and finger pies, heißt es in dem Song. Das nehmen wir auch! Und bekommen von der lieben Wirtin noch eine Tasse frisch aufgebrühten Jasmintee geschenkt, „would you like Chinese tea?“, und weil ich Geburtstag habe, gibt sie uns zum Abschied noch eine Tüte frisch ausgebackene Doughnuts mit. Wie lieb sind die Menschen? Ich kann’s gar nicht fassen und bin immer noch ganz gerührt, als wir längst im Bus zurück in die Innenstadt sitzen. Bester Geburtstagskuchen!

Twist and Shout

Ein Highlight für Fans jagt das andere an diesem Tag. Wenn Ihr denkt, die Tour wäre damit vorbei? Na, weit gefehlt. Tanzbeinschwingen im Cavern Club, das kann sich jawohl keiner entgehen lassen! Wir tuns, als ordentliche Touristin hatte ich die Tickets sogar von zu Hause aus schon vorbestellt. (In diesem Internet.) Vier Pfund kostet der Eintritt pro Person, das finde ich absolut vertetbar. Und bin total hin und weg – das sieht wirklich alles heute noch so aus, wie man es von den alten Fotos kennt. Ja, der Gewölbekeller mit der kleinen Bühne im hintersten Eck, das kommt mir irgendwie bekannt vor. Total cool! Der Original-Club ist es ja nicht mehr, seit in den 1970er Jahren die U-Bahn gebaut wurde. Kaum zu glauben, daß der Laden beinahe der Statik zum Opfer gefallen wäre … 1984 wurde der Cavern Club ein paar Häuser weiter oben in der Mathew Street wiedereröffnet.

Unser Glück! Und – Original oder Fälschung, die Frage stell‘ ich mir noch öfter an diesem Abend. Es spielen Made in Liverpool, ungefähr die berühmteste Beatles-Cover-Band der Welt und Hausband im Cavern. Ist das abgefahren! Von Kopf bis Fuß, von der Pilzkopfperücke bis zu den Chelsea Boots: Die vier Musiker sind von den Fab Four fast nicht zu unterscheiden. Der Club ist vollbesetzt, das Publikum international, und es wird gekreischt und gebrüllt wie in den 1960ern. Es ist die reine Zeitreise! Ich mogel‘ mich in die Nähe der kleinen Bühne vor und singe mir for well you know that it’s a fool / who plays it cool die Seele aus dem Leib. Der krönende Abschluß unseres Beatles-Tags in Liverpool! Bis nachts um eins geht das Konzert, am Ende bin ich total geschafft – und total glücklich. (Ein bißchen heiser auch.)

Das ist natürlich nun alles gar nicht vollständig, was ich Euch hier erzähle. So viel kann man in Liverpool machen und sehen und tun, das mit den Beatles zu tun hat! Der Spaziergang durch Woolton hätte noch ewig fortgesetzt werden können zum Beispiel. Strawberry Fields, das ist dann halt beim nächsten Besuch dran! Mendips, Tante Mimis Haus. Die Elternhäuser von John und Paul gehören heute dem National Trust und man kann an einer geführten Tour teilnehmen, um sie zu besichtigen. Das haben wir uns gespart.
Wie man jedenfalls hinkommt: Mit den Bussen der Linien 75, 76, 80, 86 und 86A aus der Innenstadt bis Allerton Road. Die Hin- und Rückfahrt kostet ca. vier Pfund pro Person, die Tickets kauft man direkt beim Fahrer.
Der Cavern Club ist hier zu erreichen, mit Programmhinweisen und Online-Ticketvorverkauf. Organisierte Touren mit dem Magical-Mystery-Tour-Bus können über die gleiche Seite gebucht werden, die Fahrt durch die Stadt kostet aktuell ~18 Pfund pro Person.
Zuletzt möchte ich Euch noch die Beatles Story empfehlen, das interaktive Museum am Albert Dock. Dort läßt sich’s ganz in die Geschichte der Band eintauchen, musikalische Begleitung über Kopfhörer inbegriffen. Der Eintritt ist etwas teurer (~15 Pfund für Erwachsene), aber ich finde, das lohnt sich durchaus.

 

*Als altes Beatles-Mädchen kann ich natürlich alle Songs auswendig mitsingen … Öhm, also … Um aber nicht auf mich selbst reinzufallen, hab‘ ich das besser alles noch mal gecheckt und zitiere hier aus der deutschen Ausgabe des Beatles Songbook, erschienen im DTV Verlag 1971, herausgegeben von Alan Aldridge und übersetzt von Peter Zentner. Total zerlesen und mit Anmerkungen, das Buch, älter als ich! Und eine Dauerleihgabe aus dem väterlichen Bücherregal. (Wie die Schallplatten aus dem Plattenregal.) Danke, Papa!

5 Antworten auf „A Fangirl Showing Photographs {Laubenhausmädchen verreist}“

  1. Das erste, dass ich jetzt grad gemacht habe ist: Spotify anschmeißenn 🙂 (und mal wieder nach so einem süßen Retro Koffer Schallplattenspieler lechzen!)
    Ich hab direkt Pipi in den Augen, weil ich mich so freue, dass du dich freust. Und ich kenne das Gefühl, das man wo steht und denkt: krass.. so oft schon auf Bildern gesehen und jetzt steh ich davor (so gings mir mit der Towerbridge, jetzt noch Gänsehaut!
    Danke für den schönen Bericht. Mehr davon bittte!
    Liebste Grüße

    1. Ha! Such mal bei You Tube nach den Liverpool-FC-Fans, die Anfang der 60er im Stadion She Loves You singen – da kriegste erst Gänsehaut! 🙂 Ich freu mich jedenfalls, daß Du Dich freust, daß ich mich freue. Auch ein Grund zur Rührung! Und von Liverpool werde ich Euch sicher noch mehr erzählen, weil: Irgendwie bin ich auch ’n bißchen verliebt in diese Stadt. 🙂 Liebe Grüße zurück!

  2. „Kann man gleichzeitig aufgeregt und andächtig sein?“ So schöne Worte und so ein bezaubernder kleiner Trip nach Liverpool. Deine Begeisterung zu lesen macht so einen Spaß und feuchte Augen. Ich möchte am liebsten direkt los …

    1. Also, das ist kein Problem, Düsseldorf-Manchester mit dem Flugzeug, dann mit der Bummelbahn über Manchester Oxford Road bis Liverpool Lime Street. Dann weiter zu Fuß. 🙂 – Jetzt hab‘ ich im Übrigen Pipi inne Augen, weil ich mich so freue, daß Dir gefällt, was ich erzähle, liebe Nike. Liverpool ist halt’n Kracher!

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